Fitzgerald gefeuert

Northwestern hat seinen Head Coach Pat Fitzgerald gefeuert. Nach einer Untersuchung hielt ihn eine Kommission der Universität für untragbar, da Fitzgerald angeblich lange eine Unkultur des Schikanierens anwendete. Zu seinem Interims-Nachfolger wurde bereits Defensive Coordinator David Braun ernannt. Sein Vertrag wurde erst 2021 um zehn Jahre verlängert. Zweimal nahmen seine Teams am Big Ten Conference Game teil. Wie die Studenten Zeitung der Universität wiederum berichtet, haben elf ehemalige und aktive Football Spieler bestätigt, dass es systematische Bestrafungen gegen Spieler gab, bei denen Schikanierungen angewendet wurden und sexuelle Belästungen keine Seltenheit waren. Ein nackter Center soll einen Ball zu einem nackten Quarterback gesnapt haben, bis der Spielzug wirklich exakt ausgeführt wurde. Na ja, im prüden Mittleren Westen der USA sicherlich eine Sensation. Fitzgerald soll bei den Bestrafungen nie dabei gewesen sein, sie aber angeordnet haben.

In der Geschichte des College Footballs ist es in den letzten Jahrzehnten immer wieder zu überharten Aktionen vor allem gegen Freshmen gekommen. Bear Bryants Summer Camps waren berüchigt und Frank Kush wurde von Arizona State erst dann aus dem Verkehr gezogen, als die Klagen zu heftig wurden und ein Punter eine 1,1 Millionen Klage anstrengte. 1978 wurde Woody Hayes von Ohio State entlassen, als er Clemsons Charlie Bauman niederschlug. Auch läßt sich Penn State nicht mit Northwestern vergleichen, der frühere Defensive Coordinator Coordinator der Nittany Lions, Jerry Sandusky, erhielt eine 2012 Freiheitsstrafe von 60 Jahren, als er in 45 Fällen sexueller Belästigungen während seiner Zeit als Coach (1969-1999) für schuldig erklärt wurde. Ein anderer, späterer Fall bei Baylor kostete dem Head Coach Art Briles den Job.

Alle diese Fälle eint, dass jedesmal ein Klima des Wegschauens existierte und Coaches sehr lange an einer Universität arbeiten konnten. Warnsignale wurden ignoriert, sowohl von Verwaltung, als auch älteren Spielern. Im Lockerroom von Northwestern wurden sogar auf einem Whiteboard Penetrationen vorher angekündigt, der Head Coach will aber von diesen Ausuferungen nichts gewusst haben. Der Uni-Direktor Michael H. Schill übrigens auch nicht und weil die unabhängigen Untersuchungen noch andauern, wird zur Zeit genau überprüft, seit wann Klagen geäußert wurden und ab wann die Verwaltung einschritt. Fakt ist, das Fitzgerald vor dem Rauswurf bereits zwei Wochen lang suspendiert war, bevor die unabhängigen Untersuchungen begannen.

Für die Wildcats entwickelt sich diese Affäre zudem zu einer doppelten Katastrophe. Fitzgerald, ein Consensus All-American, ist nicht nur ein erfolgreicher Linebacker von Northwestern gewesen und zog 2008 in die College Football Hall of Fame ein, sondern wurde 2018 bereits zum "Big Ten Coach of the Year" gewählt. Als aktiver Spieler half er mit, dass Siege gegen Notre Dame und Michigan möglich wurden. 1996 erreichten die WIldcats mit ihm den Rose Bowl, 1996 gewann sie die Big Ten Championship und 1997 den Citrus Bowl. Eine solche Legende von heute auf morgen vom Sockel zu stürzen, ist auf keinem US-Campus eine einfache Angelegenheit.

Schlüter - 13.07.2023