Von den Browns zur Patriots-Dynastie: Bill Belichick

Bill Belichick bei seiner Pflichtaufgabe - der PressekonferenzWenn man an Coach Bill Belichick denkt, dann fällt einem natürlich zuerst einmal der Erfolg ein, den er mit den New England Patriots seit dem Aufstieg von Tom Brady zumStamm-Quarterback hat. Er ist aber gleichzeitig der letzte Coach, der mit den Cleveland Browns einen Playoff-Sieg eingefahren hat. Das war bereits 1994 und er in seinem dritten Jahr in Cleveland.

Im Jahr darauf standen die Browns bei 4-4, als der in Geldschwierigkeiten steckende Owner Art Modell den Umzug nach Baltimore bekanntgab. Die Browns – plötzlich Anfeindungen der Fans ausgesetzt und mit ungeahnten Problemen konfrontiert – gewannen nur noch ein einziges Spiel. Bill Belichick wurde entlassen, heuerte als Defensive Coordinator bei den Patriots unter Bill Parcells an und im Jahr darauf in dessen Stab bei den New York Jets. Dort galt er als designierter Nachfolger für Parcells, kündigte dann im Jahr 2000 aber nach einem einzigen Tag als Head Coach der New York Jets wieder, um bei den New England Patriots als Head Coach anzuheuern.

Der Rest ist Geschichte.

Art Modell versuchte Patriots Owner Robert Kraft noch von diesem "Fehler" abzuhalten, aber der verpflichtete Bill Belichick trotzdem (und musste nach einem Schiedsspruch von Commish Tagliabue einen First Round Pick an die Jets als Kompensation abgeben) und gab ihm umfangreiche Kontrolle über die Personalentscheidungen, so dass er quasi auch als General Manager agierte.

Zunächst schienen Art Modell und die zahlreichen Kritiker der Verpflichtung des bereits damals mürrisch und unnahbar wirkenden Belichick Recht zu behalten: Die Patriots gewannen nur fünf Saisonspiele und verpassten die Playoffs.

Es sollte bis jetzt die einzige Saison mit einer negativen Bilanz bleiben.

In Runde 6 des Drafts hatte hatte Belichick mit Tom Brady an Position 199 den wohl größten Glücksgriff der NFL-Geschichte getätigt. Der Quarterback, der es nicht einmal am College (Michigan) zum alleinigen Starter geschafft hatte, wurde im Folgejahr im zweiten Spiel ins Rennen geschickt. Der beliebte QB1, Drew Bledsoe, hatte sich bei einem Hit von Jets Linebacker Mo Lewis schwer verletzt und wäre um ein Haar auf dem Spielfeld gestorben.

Brady übernahm und gab dank starker Leistungen den Posten nicht mehr ab; Bledsoe durfte für den verletzten Brady noch im AFC Championship Sieg gegen die Steelers ran, aber nach der Saison wurde er nach Buffalo getradet.

Mit Brady als Quarterback und Belichik als Coach bauten die Patriots eine Dynastie auf, die sich auf jeden Fall mit denen der Steelers, Cowboys und Packers längst vergangener Tage messen kann (als die Liga noch deutlich kleiner und dank fehlendem Salary Cap wesentlich unausgeglichener war).

Selbst 2008, als sich Brady in der ersten Halbzeit des Auftaktspiels gegen die Chiefs das Kreuzband riss, holten die Patriots dank Belichick mit Matt Cassel als Starter, der später außerhalb von New England keinen Fuß auf den Boden brachte, insgesamt 11 Siege. Für die Playoffs reichte das damals zwar trotzdem nicht, aber angesichts der späteren Erfolglosigkeit von Cassel eine Leistung, die zumindest so hoch einzuschätzen en ist, wie die Playoffteilnahme mit den Browns – und der ein oder andere Titel.

Bill Belichick gilt mittlerweile widerspruchslos als der beste Coach der Liga, was angesichts seiner sieben Titel (fünf als Head Coach der Patriots, zwei als Defensive Coordinator der Giants) auch nicht weiter verwunderlich ist. Beliebt ist er bei nahezu allen Fans außerhalb Patriots Nation trotzdem nicht – im Gegenteil: Er scheint seine Pressekonferenzen als lästige Pflichtaufgabe anzusehen, in denen er sowieso nichts preisgibt, seine Personalentscheidungen sind selbst für Fans oft schwer nachzuvollziehen (Chandler Jones, Jimmy Garoppolo, um nur einige wenige zu nennen) und natürlich gibt es da noch die schwarzen Flecken auf seiner Weste: Bei "Spygate" wurden illegal die Zeichen der gegnerischen Coaches aufgenommen und ausgewertet, was ihm eine Rekordstrafe einbrachte; bei "DeflateGate" wurden seinem Quarterback vermutlich minimal zu wenig aufgepumpte Bälle zum Verhängnis und auch so schwirrt noch das ein oder andere Gerücht durch die Gegend.

Fest steht, dass Belichick ein Meister darin ist, Lücken im Regelwerk gnadenlos auszunutzen und sich auch so gerne in einer Grauzone bewegt. Das ist sicher nur ein Teil des Erfolgsrezeptes, aber sein "Patriot Way" funktioniert nun schon seit der Jahrtausendwende und seine Assistenten profitieren jetzt auch davon: Sowohl Defensive Coordinator Matt Patricia (Lions) als auch Offensive Coordinator Josh McDaniels (Colts) werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nächstes Jahr Head Coaching Posten bekleiden.

Art Modell erlebte dagegen einen Großteil des Erfolgs von Belichick nur noch aus der Ferne mit. Er starb 2012 im Alter von 87 Jahren – bis zum Schluss gehasst in Cleveland aufgrund des Umzugs der Browns. Wie oft er seine Entscheidung von damals hinterfragt oder bereut hat, ist nicht bekannt.

Anzunehmen ist es jedenfalls.

Carsten Keller - 28.01.2018

Bill Belichick bei seiner Pflichtaufgabe - der Pressekonferenz

Bill Belichick bei seiner Pflichtaufgabe - der Pressekonferenz (© Bjoern Hesse)

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