NFC-Divisionen per Losentscheid
Was auch immer Al Davis ritt und warum er nun nach bereits 36 Stunden Poker unbedingt sofort, unverzüglich wissen musste, wie die NFC sortiert werden sollte, er hatte ja recht: Für die AFC lag eine geografische Gruppeneinteilung klar auf der Hand. Houston und Cincinnati gingen mit Cleveland und Pittsburgh in die AFC Central. AFC East und AFC West ergaben sich aus regionalen Kriterien wie bisher. Baltimore gehörte geografisch in den Osten und sollte wegen der Spielstärke sowieso nicht mit Cleveland in dieselbe Division. In der NFL und damit der neuen NFC war die Geografie in der Vergangenheit nicht immer Kriterium gewesen, die Traditionen und Bindungen waren komplexer miteinander verflochten. So durften Davis und Co. noch einen weiteren halben Tag lang dem Hauen und Stechen ihrer NFL-Kollegen zusehen.
Ebenso wie die AFL-Owner sich vor allem über die sportliche Qualität von Browns und Colts gefreut hatten, obwohl sie doch eigentlich hätten wissen müssen, dass ihr Geschäftsprinzip von langfristiger Ausgeglichenheit der Liga lebt und selbst ein Power-Team wie die Cleveland Browns quasi automatisch irgendwann auch "graue Maus" und Prügelknabe sein würde, hatten auch die NFL-Kollegen als erstes einmal den kurzfristigen Erfolg der kommenden Jahre im Sinn. Dies hieß: Alle wollten in die Gruppe mit den Saints, denn dies "garantierte" eigentlich schon mal zwei Hauptrundensiege. Keiner wollte Dallas haben (in der Hauptrunde quasi unschlagbar, und das bei einer weiten Anreise) und schon gar nicht (abgesehen von den Packers vielleicht) Minnesota mit Eis und Schnee im Winter.
Es gab für keine Lösung eine Mehrheit. Die zwei Vorschläge mit dem größten Zuspruch sahen vollkommen andere Einteilungen vor, als sie heutzutage Realität sind. Es fehlte beiden jeweils genau eine Stimme an einer Mehrheit. Doch Minnesota sowie Dallas verweigerten sich jenen Kompromissen, die die Vikings von den Packers und die Cowboys von Washington und Co. getrennt hätten.
Klar waren immerhin drei Dinge: Eagles, Giants und Washington würden in der NFC East spielen, Bears und Packers in einer Gruppe (egal in welcher) und Rams und 49ers in der NFC West. Fünf Szenarien mit diesen Konstanten lagen auf dem Tisch. Stark favorisiert wurde, die Minnesota Vikings in die NFC East zu packen und die Lions weiterhin bei Bears und Packers zu lassen. Diese Konstellationen waren jeweils vier der fünf Vorschläge gemein. Ein Ansatz sah gar vor, Bears, Packers und Lions mit den beiden Kaliforniern in die West-Gruppe zu stecken. Dallas, St. Louis Cardinals und Atlanta waren für jede der drei Gruppen im Gespräch, New Orleans für alle außer die Ost-Gruppe.
Am Ende waren die müden Owner einig, das Los entscheiden zu lassen. Die Sekretärin von Pete Rozelle fischte dabei den einzigen Zettel aus der improvisierten Lostrommel, auf dem die Vikings in der NFC Central mit ihren bisherigen Rivalen blieben, die Dallas Cowboys im Osten bei Washington und Co. Was heute eigentlich wie die einzig logische Entscheidung und Fortsetzung der Tradition aussieht, ließ damals die Kritiker laut aufstöhnen: Nicht nur waren die neuesten Teams aus Atlanta und New Orleans nun beide mit den häufigen Kalifornien-Reisen belastet. Es war auch klar, dass sie sportlich auf Jahre hinaus keine Rolle würden spielen können, weil Rams und 49ers ihnen grenzenlos überlegen waren. Diese Befürchtungen bestätigten sich später, vor allem für New Orleans. Selbst die 1976 neu hinzukommenden Teams Tampa Bay und Seattle kamen schneller erstmals in die Playoffs als die neun Jahre älteren Saints.
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Die Divisionseinteilung der NFL
Teil 1: Geografie kein Kriterium?
Teil 2: Der Ursprung der Gruppeneinteilung
Teil 3: Die geschluckte Konkurrenzliga
Teil 4: Die Colts in Texas-Blau
Teil 5: Gründung der AFL
Teil 6: Plötzlich doch: die NFL-Expansion der 60er Jahre
Teil 7: Vordenker Lamar Hunt als Dealmaker
Teil 8: Fusion 1970: Drei NFL-Teams für die AFC
Teil 9: NFC-Divisionen per Losentscheid
Teil 10: Ziel: Eine NFL mit 30 Teams
Teil 11: Der Fall Cleveland
Teil 12: Das große "Realignment" von 2002
Streitbar und exzentrisch: Al Davis führte "seine" Oakland Raiders lange Zeit überaus erfolgreich. (© Getty Images)