Nach eineinhalb Wochen Pause gehen die Playoffs mit den Viertelfinalspielen am 31. Dezember und 1. Januar in die nächste Runde. Endlich, möchte man sagen, denn auch wenn einige der Bowl-Spiele zwischen den Playoff-Runden durchaus guten Football boten und man in ihnen sogar - gegen den aktuellen Trend - zukünftige NFL-Stars wie Heisman-Trophy-Gewinner Travis Hunter und QB Shedeur Sanders bei Colorado oder Miamis QB Cameron Ward ein letztes Mal im College-Einsatz sehen konnte, spielt die Musik halt doch in den Playoffs, in denen es wirklich um etwas geht. Und nachdem die erste Runde der Playoffs am 20. und 21. Dezember noch eher enttäuschend verlaufen war, mit vier einseitigen Partien und klaren Siegen für die ohnehin favorisierten Teams (Notre Dame, Penn State, Texas und Ohio State), sollten die Viertelfinals endlich die Spannung bieten, die man sich von den Playoffs erwartet hatte. Es gibt ein Spiel, das auch ein schönes Finale hätte sein können (Oregon gegen Ohio State), ein Duell zweier Teams, die zusammen knapp ein Dutzend National Championships gewonnen haben (Notre Dame gegen Georgia) und zwei Spiele, in denen die Außendseiter, Boise State und Arizona State ihren prominenteren Gegnern, Penn State und Texas, durchaus gefährlich werden können.
Die Top-Ansetzung des Viertelfinales ist zweifellos das Duell zwischen dem letzten noch ungeschlagenen Team, Big Ten Champion Oregon, und Ohio State im Rose Bowl in Pasadena. Es ist, ohne die übrigen Viertelfinalisten gering schätzen zu wollen, das vorweggenommene Endspiel. Die Beiden hatten in der Regular Season bereits gegeneinander gespielt und dabei eines der besten Spiele dieser Saison abgeliefert. Damals siegte Oregon, vor heimischem Publikum, mit 32:31, aber genauso gut hätte auch Ohio State gewinnen können, aus Sicht der Buckeyes-Fans sogar müssen. In der Neuauflage auf dieses Mal neutralem Boden ist deshalb nicht Oregon favorisiert sondern Ohio State, vor allem wenn die Buckeyes so auftreten wie beim 42:17-Sieg gegen Tennessee in der ersten Runde der Playoffs. Im Gegensatz zur Heimniederlage gegen Michigan am 30. November, als das Team vor allem auf Risikovermeidung gesetzt hatte und für seine verhaltene, fast ängstliche Spielweise bestraft wurde, nutzten sie gegen die Volunteers ihr Offensiv-Potenzial, vor allem im Passspiel, voll aus und spielten den Gegner schon im ersten Viertel in Grund und Boden. Gegen Oregon wird man genauso weitermachen müssen. Im Fokus werden die beiden Offenses mit ihrem Big-Play-Potenzial stehen, den Unterschied wird am Ende aber vielleicht die Defensive machen. Priorität hat für Beide, viel Druck auf den gegnerischen Quarterback zu machen. Auch ein Receiver-Super-Talent wie Ohio States Jeremiah Smith kann seine Gefährlichkeit nur dann voll entfalten, wenn er oft genug gut angespielt werden kann. Das Team, das in diesem Punkt besser ist, wird diese Partie wahrscheinlich gewinnen.
Die zweite hochkarätige Ansetzung, zumindest von den Namen und dem "Standing" der Gegner her betrachtet, ist das Spiel Notre Dame gegen SEC Champion Georgia im Sugar Bowl in New Orleans, mit dem das Viertelfinale beendet wird. Das Spiel wird allerdings vielleicht weniger hochklassig als man es ursprünglich erwartet hätte, weil Georgia ohne Stamm-Quarterback Carson Beck antreten muss, der sich im SEC Championship Game gegen Texas verletzt hatte und für die Playoffs ausfällt. Das wird den Angriff gewiss schwächen, zumal Becks Ersatzmann Gunner Stockton einer der besten Defenses dieser Spielzeit gegenüber stehen wird. Notre Dame, das sich im ersten Playoffspiel gegen Indiana klarer durchesetzt hatte, als es das Endergebnis von 27:17 vermuten lässt, wird also von Beginn an voll darauf setzen (müssen), ihn ständig unter Druck zu setzen und zu Fehlern zu zwingen. Georgia wird versuchen, den Druck mit erfolgreichen Läufen von RB Trevor Etienne, der nach wochenlanger Verletzungspause im SEC Championship Game wieder mitmischen konnte, zu kontern. Die bessere Defense spricht für Notre Dame, auch wenn den Fighting Irish ebenfalls ein wichter Spieler, DE Rylie Mills, wegen einer Verletzung fehlen wird, vor allem dann, wenn es ein Spiel mit eher weniger Punkten wird.
Die beiden anderen Viertelfinals haben weniger Drama-Potenzial. Im Fiesta Bowl ist Penn State klarer Favorit gegen Boise State, und das nicht nur wegen des überzeugenden Auftritts im Playoff-Spiel gegen SMU (38:10). Der Kader der Nittany Lions hat eine deutlich höhere Qualität. Das Team besitzt eine Top-Defense und mehr "Playmaker" im Angriff (vor allem die Running Backs Nicholas Singleton und Kaytron Allen und TE Tyler Warren) als die Broncos. Klar, Boise State bietet den besten Running Back dieser Saison, Ashton Jeanty, auf, aber er allein wird nicht reichen. Ganz ausschalten wird ihn auch Penn States Abwehr nicht. Der Mann ist so gut, dass er selbst, wenn er stolpert, im Hinfallen noch positive Yards macht, aber wenn er deutlich unter seinem gewohnten "Output" bleibt, fehlen seinen Broncos im Angriff die Alternativen, um eine Abwehr wie die von Penn State ausrreichend oft knacken zu können.
Auch im Peach Bowl in Atlanta, in dem Texas auf Big Twelve Champion Arizona State trifft, sind die Rollen klar verteilt. Texas ist natürlich der Favorit, zumal das Team beim 38:24-Playoff-Sieg gegen ACC Champion Clemson seine beste Leistung in dieser Saison gezeigt hat. Allerdings, ohne Texas etwas Böses zu wollen, muss man eigentlich auf einen "Upset" hoffen, weil die Geschichte von Arizona State in dieser Saison zu schön ist, um mit einer schnöden Niederlage im ersten Playoff-Spiel zu enden. Vor der Saison auf den letzten Platz der eigenen Conference getippt, dann den Conference-Titel gewonnen, und der Star des Teams ist mit RB Cam Skattebo ein Spieler, der nach der High School keine Angebote von FBS-Teams hatte und sich erst über die FCS den Weg in die höchste Spielklasse freikämpfen musste - Geschichten wie diese sind das Salz in der Suppe jeder Sportart. Entscheidend wird in diesem Spiel, wie meist im Football, die Situation an der Line of Scrimmage sein. Texas wird, wie schon gegen Clemson, zunächst versuchen, sein Laufspiel durchzusetzen. Gelingt das, wird es schwer für Arizona State. Andererseits ist Abwehr der Sun Devils gegen das Laufspiel besser als die von Clemson. Und wenn das Laufspiel nicht gut funktioniert hat, dann hat Texas in dieser Saison im Angriff regelmäßig Probleme bekommen. In die andere Richtung wird Texas natürlich alles daran setzen, Skattebo zu stoppen. Leicht wird das angesichst seiner Robustheit und Agressivität nicht, aber selbst, wenn es Texas gelingt, ihn einigermaßen in Schach zu halten, steht Arizona State in der Offensive keinesfalls "blank" da. QB Sam Leavitt ist statistisch der bessere Passer im Vergleich zu Texas' Quinn Ewers, mit einem höheren Pass-Rating (159,5 gegenüber 148,0), einem besseren Verhältnis von Touchdowns zu Interceptions (24-5 gegenüber 26-10) und weniger erlittenen Quarterback Sacks (16 gegenüber 24). Texas muss sich also auf mehr Widerstand einstellen als im ersten Playoff-Spiel.
Hoch - 30.12.2024
Der Ranglistenerste Oregon steht im Viertelfinale gegen Ohio State vor einer ganz schweren Aufgabe. (© Getty Images)
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