Der neunte Spieltag war der ruhigste, am wenigsten dramatische seit Langem. Gut, zwei Teams aus den Top-Fünf der AP-Rangliste mussten härter arbeiten als erwartet. Ohio State geriet im Heimspiel gegen Nebraska, das gleiche Nebraska, das in der Vorwoche von Indiana mit 7:56 gedemütigt worden war, im vierten Viertel sogar in Rückstand und erzielte die Punkte zum mageren 21:17-Erfolg erst sechs Minuten vor Spielende, und Texas kam beim knappen 27:24-Sieg bei Vanderbilt nach zweimaliger 14-Punkte-Führung im vierten Viertel nochmal in Bedrängnis. Andererseits gab es erst zum dritten Mal in dieser Saison keine Niederlagen von Top-25-Teams gegen nicht platzierte Teams. Und so hatten andere die Bühne für sich, etwa Texas A & M mit seinem 38:23-Sieg gegen LSU, der die Karten in der SEC neu mischt, oder Indiana, das in der Big Ten auch ohne seinen letzte Woche verletzten Stamm-Quarterback Kevin Rourke weiter für Aufsehen sorgt und den letztjährigen Endspiel-Teilnehmer Washington souverän mit 31:17 besiegte.
Texas A & M und Indiana sind die großen Gewinner dieses Spieltages. Texas A & M bleibt nach dem Sieg am Samstag das letzte Team in der SEC ohne Niederlage in Conference-Spielen, kann den Einzug ins SEC Championship Game aus eigener Kraft schaffen und hat ein Restprogramm, bei dem das machbar erscheint. Die Aggies spielen noch auswärts gegen South Carolina und Auburn sowie zu Hause gegen New Mexico State und zum Abschluss am 30. November gegen Texas, das mit seinen letzten Auftritten mehr als nur ein bisschen entzaubert wurde. Und was wäre das für eine Konstellation: Ein Alles-oder-Nichts-Spiel um den Einzug ins Conference-Finale gegen den Lokalrivalen, und das vor eigenem Publikum. Mehr Drama geht nicht. Natürlich sollte man die Aggies jetzt nicht gleich zu hoch jubeln. Die haben bislang auch nicht durchgängig überzeugt, und so bemerkenswert gegen LSU die Wende in der zweiten Halbzeit war, zur Wahrheit des Spiels gehört auch, dass LSU mit drei Ballverlusten dazu selbst gehörig mit beigetragen hat. Aber seis drum, in der ersten Saison unter dem neuen Head Coach Mike Elko entwickelt sich die Mannschaft endlich mal weiter, während sie unter Elkos Vorgänger Jimbo Fisher jahrelang weit weniger erreicht hatte, als man es angesichts der individuellen Qualität im Kader erwarten konnte.
Indiana ist fraglos die größte Überraschung im bisherigen Saisonverlauf. Vor der Saison von Vielen auf den letzten Platz in der Big Ten Conference getippt, setzt die Mannschaft im bisherigen Saisonverlauf stattdessen neue Team-Bestmarken oder erreicht Dinge, die Indiana schon lange nicht mehr erreicht hatte. Mit dem Sieg gegen Washington, dem achten im achten Spiel, stellte man den bisherigen Team-Rekord aus der Saison 1967 ein. Damals hatte man die Saison nach dem 8-0-Start mit einer 9-1-Bilanz und Platz vier in der abschließenden AP-Rangliste beendet. Ein Sieg am Samstag bei Michigan State und der 2024er Jahrgang der Hoosiers hätte eine weitere Bestmarke gesetzt. Verantwortlich dafür ist vor allem der Aufschwung im Angriff. Indianas Offense ist aktuell Sechster in Yards pro Spiel (letzte Saison 99.) mit knapp 155 Yards mehr pro Spiel (487,6 gegenüber 332,8) als in der letzten Saison und mit 46,5 erzielten Punkten pro Spiel ganz knapp Zweiter hinter Miami (46,8). Der schon erwähnte 56:7-Sieg gegen Nebraska in der Woche zuvor war der höchste Sieg gegen einen Big-Ten-Rivalen seit einem 49:0 gegen Minnesota in der Saison 1945. Und um beim Nebraska-Spiel zu bleiben: In diesem Spiel holte Indiana fünf Touchdowns mit Läufen - gegen eine Abwehr, die zuvor noch keinen Rushing Touchdown in dieser Saison zugelassen hatte.
Und auch das belegt die Qualität des diesjährigen Kaders der Hoosiers: Befürchtungen, dass der verletzungsbedingte Ausfall von QB Kevin Rourke, der sich gegen Nebraska in der ersten Halbzeit leicht an der Wurfhand verletzte, die Offense entscheidend schwächen könnte, bewahrheiteten sich erstmal nicht. Klar, die 31 Punkte gegen Washington waren deutlich weniger als der erwähnte Durchschnitt pro Spiel, und es dauerte auch lange, ehe die Offense so richtig in Fahrt kam. Dann war es aber doch ziemlich souverän. Der Angriff, der kurz vor der Halbzeitpause mit dem Field Goal zum 17:7 endete, verschlang siebeneinhalb Minuten Spielzeit, der zum 24:14 im dritten Viertel sogar knapp acht Minuten, und nach dem Field Goal der Huskies zum 17:31 hielt man den Ball die letzten etwas mehr als sechs Minuten. Dazu kam dann noch die starke Leistung der Abwehr, die einen Touchdown direkt erzielte (67-Yard-Interception-Return) und mit einer Interception den Ausgangspunkt zu einem weiteren Touchdown legte.
Das alles lässt Indianas Fans hoffen, dass in dieser Saison noch viel mehr drin ist. Ein amerikanischer College-Football-Kommentator ließ sich am Samstag in der Halbzeit-Show sogar zu der Aussage hinreißen, dass für ihn Indiana derzeit das zweitbeste Team der Big Ten hinter Oregon sei. Das ist dann wohl doch ein bisschen zu dick aufgetragen. Für den Einzug ins Big Ten Championship Game wird es für Indiana wahrscheinlich nicht reichen, weil man mit dem derzeitigen Ranglistenersten Oregon und Ohio State, gegen das man am 23. November noch spielt, auswärts, zwei der besten Teams im bisherigen Saisonverlauf vor sich hat. Und die beiden nächsten Spiele bei Michigan State und gegen Michigan sind auch keine leichten Aufgaben. Aber eine 11-1-Bilanz am Ende der Regular Season ist erreichbar und die würde dann sicher für den Einzug in die Playoffs reichen.
Hoch - 29.10.2024
Die Fans von Texas A & M dürfen nach dem Sieg gegen LSU vom Einzug ins SEC Championship Game träumen. (© Getty Images)
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