Vor dem GFL Bowl 2024 gab es vor allem viele Spekulationen über die Höhe des möglichen Erfolges über die Kontrahenten aus Dresden. Die Annahmen, dass die Brandenburger den Herausforderer aus Sachsen hoch schlagen würden, kamen nicht von Ungefähr. Potsdams letzte Niederlage stammte aus dem Jahr 2023, allerdings auch ausgerechnet gegen die Monarchs. In der abgelaufenen Saison 2024 eroberten die 733 Touchdownpunkte und mussten nur 136 gegnerische Punkte akzeptieren. Besonders hart ins Gericht gingen die Royals mit den Paderborn Dolphins, die eine 92:7 Niederlage einsteckten, obwohl frühzeitig die zweite Garde der Potsdamer auflief und die Coaches bemüht waren, mit etwas weniger Gas das Team zu lenken, sofern dieses in einer Euphoriewelle überhaupt möglich ist. Mit einer 0:59 Niederlage musste auch Rekordmeister Braunschweig einsehen, dass Potsdam trotz diverser Umstrukturierungen keinesfalls schwächer geworden war. In der Tat spielten das Team von Head Coach Michael Vogt zeitweise wie von einem anderen Stern. Quarterback Jaylon Henderson fand mit Wide Receiver Brendan Beaulieu eine neue großartige Anspielstation. Er fing sagenhafte 80 Pässe für 1433 Yards und 25 Touchdowns in der regulären Saison, die aus zwölf Matches bestand. Henderson warf im gleichen Zeitraum 72 Touchdown-Pässe, also sechs pro Spiel. Nicht weniger gefährlich präsentierten sich 2024 Thomas Jenkins, Thomas Wilson und Daniel Pedro, die jeweils ungefähr 800 Yards Raumgewinn sammelten. In dieser Aufstellung darf natürlich nicht Running Back Heiko Bals vergessen werden. Elf Touchdowns erlief er zu Fuß und zeigte sich als Kicker als ein echter Allrounder der Offense.
Aber auch Herausforderer Dresden wartete in der GFL Saison 2024 mit einigen Expertisen auf, die so manches andere Team erstaunen ließen. So waren 5200 Zuschauer Zeugen eines Halbfnalpieles im frisch renovierten Heinz-Steyer Stadion, als ihre Monarchs die Hildesheim Invaders mit 27:13 besiegten. Gleich zu Beginn machte Dresdens Receiver Ricky Smalling nach einem kurzen Pass von Quarterback Brock Domann kurzen Prozess und stoppte erst in der Endzone. Das erste Viertel endete nach einem 42-Yard-Field-Goal vom zuverlässigen Kicker Florian Finke. Im zweiten Viertel schenkten sich beide Teams nichts, kämpften um jedes Yard. Am Ende war es aber erneut Smalling, der punktete. Uns so gingen die Monarchs mit einer 17:7-Führung in die Pause. Nach dem Seitenwechsel blieb das Halbfinale kampfbetont und Smalling durfte noch einmal punkten. 27:13 hieß es nach vier unterhaltsamen Vierteln und der Gastgeber zog verdient in den GFL Bowl 2024.
Vor Ort im Rot-Weiss Essen Stadion erlebten die 9721 angereisten Fans im Stadion an der Hafenstraße ein schwungvolles American Football Fest für die gesamte deutsche Footballfamilie. Schon vor dem Spiel sorgten zahlreiche Stände der Sponsoren und einiger GFL Teams für ein interessantes Umfeld. Die beiden Moderatoren Carsten Spengemann und Roman Motzkus verstanden es erneut, ihre Gäste auf das Endspiel um die Deutsche American Football Meisterschaft einzustimmen und die 26 Football Maskottchen mischten sich unter die Fans, machten ihre Späße und standen auch für die zahlreichen Fotowünsche gerne zur Verfügung. Vor und während des GFL Bowls sorgte die Brass2Go Band für echte für NFL Stimmung und eröffnet wurde das 45. deutsche American Football Endspiel mit einem spektakulären Feuerwerk. Der Tisch war also reichlich gedeckt und die Footballfans, beziehungsweise die beiden Endspielteilnehmer, durften am Ende der Vorbereitungen dem Essener "Steeler Kinderchor" lauschen, der die Nationalhymne vortrug.
Der GFL Bowl 2024 wurde mit dem ersten Angriffsrecht der Potsdam Royals eröffnet. Der amtierende Deutsche Meister suchte über sein gefürchtetes Kurzpassspiel für schnelle erste Entscheidungen und wurde auch frühzeitig belohnt. Die Brandenburger feierten erste gelungene Pässe auf Thomas Jenkins und Heiko Bals und setzten somit den Herausforderer aus Dresden in der Anfangsphase stark unter Druck. Auch ein Fumble und ein nicht komplett geworfener Pass sollte Potsdam nicht stoppen. Bereits nach wenigen Spielminuten erreichte die Offense des amtierenden Meisters die gegnerische neun Yard Line der Dresdner und Quarterback Jaylon Henderson lief die restlichen Yards, nach dem geglückten Antäuschen einer Ballübergabe, selbst in die Dresdner Endzone. Da auch die folgende Two-Point-Conversion, ein Anspiel von Henderson auf Finn Krause glückte, ging der Champion mit 8:0 in Führung. Weniger Glück besaßen die Monarchs während ihres erstes Drives. Bereits nach drei Versuchen mussten die Sachsen punten, so dass sich in der Frühphase eine gewisse Dominanz der Royals nicht mehr leugnen ließ. Ein weiteres Schlüsselspiel gelang den Potsdamern am Ende des ersten Viertels. Die Royals spielten gekonnt einen vierten Versuch aus und mit viel Übersicht passte Henderson auf den in der Endzone fangbereiten Wide Receiver Brendon Beaulieu, der sich in der abgelaufenen GFL Saison bekanntlich als schärfte Waffe der Potsdamer Wide Receiver entwickelte. Dresdens Defensive Back Lucas Masero störte jedoch das Passspiel und berührte zudem den Passempfänger vor dem Catch. Die Unparteiischen entscheiden folgerichtig auf Passbehinderung und gewähren den Royals ein neues First Down. Diese Entscheidung wurde mit in das zweite Viertel genommen und Potsdam setzte seine zweite Sturm- und Drangphase weiter fort.
Potsdams Spielmacher Henderson erreichte mit seinem Lauf über die linke Seite die 13 Yard Line und nach einem zu kurz geworfenen Pass entschieden die Royals Coaches auf ein Field-Goal-Versuch, welches Allrounder Heiko Bals sicher über 31 Yards zwischen die Torstangen zum 11:0 Zwischenstand kickte. Für die Monarchs war es nun höchste Zeit, ein Gegenmittel gegen die erwartet starken Potsdamer zu entwickeln, wollten sie nicht das Schicksal der anderen Mannschaften teilen, die vom deutschen Meister mehr als nur einmal in diesem Jahr in ihre Schranken gewiesen wurden. Vor dem Spiel hatte Dresdens Head Coach Greg Seamon nicht ohne Grund prognostiziert, dass er ein "sehr physisches" Spiel erwarte. "Wir wollen physisch und aggressiv, gleichzeitig aber auch diszipliniert spielen." Entsprechend war es im zweiten Durchgang an der Zeit, die Komfortzone zu verlassen und mehr Druck auszuüben. In der vierten Minute des zweiten Viertels gelangen den Dresden Monarchs auch erste wichtige Raumgewinne. Ein ausgespielter vierter Versuch der Potsdamer missglückte zudem und brachte die Sachsen in eine aussichtsreiche Feldposition. Quarterback Brock Domann übernahm die Verantwortung für sein Team, setzte sich durch und brach mehrere Potsdamer Tackles. Sein erster Touchdown im GFL Bowl 2024 über 13 Yards ließ schließlich die Spannung im Spiel und Potsdam führte nur noch mit 11:7 nach dem auch der Extrapunkt durch Florian Finke glückte. Doch die Antwort der Royals folgt prompt nach Domanns mutiger Tat. Nur halbherzig gesetzte Tackleversuche der Dresdner Defense konnten erneut die Potsdamer Offensive-Lawine nicht stoppen und Pässe auf Thomas Wilson und Alex LaBelle katapultierten den deutschen Champion erneut in eine vielversprechende Feldposition. Eine Roughing the Passer Strafe warf Dresden zusätzlich weiter zurück und Potsdam erreichte erneut unbeschadet die Red Zone der Dresdner. Zwei gebrochene Tackles nutzte wiederum Quarterback Henderson aus und zeigte seine besondere Klasse in der German Football League. Über den direkten Weg und sieben Yards später erreichte der Ausnahmespieler der Brandenburger die Dresdner Endzone zum 19:7 Zwischenstand. Immerhin verhinderte die Dresdner Defense eine größere Führung der Royals. Nach der Two-Minutes Warning erlief Henderson die letzten Raumgewinn vor der Pause. Eine folgende geworfene Interception des Potsdamer Spielmachers beendete das zweite Viertel, ohne dass es noch zu vorentscheidenden Szenen kam.
Trotzdem sah die Bilanz nach zwei Vierteln für die Sachsen etwas prekär aus. Dresden konnte während der ersten beiden Viertel nur 48 Yards Raumgewinn erkämpfen und müsste auch nach Meinung seines Head Coaches Seamon sein Angriffsspiel verstärken. Mit der gezeigten Defense Leistung zeigte sich Seamon generell zufrieden bemerkte aber auch im Pausengespräch, dass Royals Spielmacher Henderson sehr schwer zu stoppen sei.
Die guten Vorsätze des Dresdner Cheftrainers mit NFL Erfahrung sollten sich aber nicht so einfach verwirklichen lassen. Das dritte Viertel im GFL Bowl 2024 startete mit einem Dresdner Drive, der aber erneut frühzeitig beendet werden musste und der Herausforderer somit eine mögliche Chance auf eine Annäherung an den Meister vergab. Potsdam zeigte sich erneut unbeeindruckt und sollte das Spielgeschehen mit kurzen, präzisen Pässen weiterhin dominieren, allerdings mussten sie auch zum ersten Mal punten. Somit wurde in der Mitte des dritten Quarters eine Art kleine Zeitenwende eingeläutet. Dresdens Defense verstand es erstmals, mit konsequentem Blitzen zweimal Henderson effektiv zu stören. Dadurch schöpfte Dresdens Offense neues Selbstbewusstsein und Wide Receiver Ricky Smalling, der in der regulären Saison schon mehrfach Spiele zu Gunsten Dresdens entschied, wurde erfolgreich bedient. Sein Einsatz sollte aber zunächst nicht in Punkte umgemünzt werden. Dresdens Running Back Nico Barrow verlor anschließend den Ball, so dass Potsdam frühzeitig wieder den Ball und das Angriffsrecht zurück erhielt. Potsdams Heiko Bals und Jaylon Henderson nutzten diesen Vorteil allerdings auch nicht aus. Ein langer Pass auf Receiver Daniel Pedro sorgte für weiteren Raumgewinn, doch ein Fumble durch Henderson zwang die Royals zum Punten. Der Begriff Zeitenwende erhielt somit eine doppelte Bedeutung. Einerseits war es die Dresdner Defense, die seit vielen Monaten die erste Football Unit war, die Henderson nach einigen Lehrminuten während der ersten beiden Viertel in den Griff bekam und effektiv stoppte, beziehungsweise zu Fehlern provozierte, andererseits begannen die Dresdner Coaches um Greg Seamon ihr Offense-Besteck auszupacken.
So sorgte Dresdens Wide Receiver Ricky Smalling in der letzten Minute des dritten Viertels für Erstaunen, als dieser einen Pass fachmännisch mit einer Hand und in Bedrängnis fing. Brock Domann setzt den Vorwärtsmarsch der Sachsen fort und rettete das Momentum für die Monarchs in das vierte Viertel. Der Drive wurde durch gelungene Pässe auf Receiver Barrow und Jordi Torrededia am Leben erhalten. Torrededia mutierte zudem zum Held des frühen vierten Viertels. Sein Touchdowncatch und sein Wille, die letzten Yards in die Endzone zurück zu legen, führte zum wichtigen 19:14 Zwischenstand aus Sicht der Potsdamer, die Dresden weiter motivierte, an einer möglichen Sensation im vierten Viertel weiter zu glauben und daran zu arbeiten.
Potsdams Henderson besaß aber zu diesem Thema eine andere Meinung und reagierte völlig unbeeindruckt auf die starke Phase der Monarchs. Sein dominanter Lauf über 58 Yards brachte Potsdam mit 27:14 wieder klarer in Front und konnte bei noch acht Minuten Restspielzeit und 13 Punkten Vorsprung als eine erste Vorentscheidung gewertet werden.
Dresden wiederum gab sich im nun entbrannten offenen Schlagabtausch gegen Mitte des vierten Viertels aber noch lange nicht geschlagen und Receiver Ricky Smalling sollte einen langen Pass fangen. QB Domann verlängerte den Drive anschließend mit einem engagierten Rush und Nico Barrow kämpfte sich bis zur vier Yard Line der Potsdamer heran. Eine schnell ausgespielte Ballübergabe auf Smalling belohnte noch einmal Dresdens Risikobereitschaft und neu entfachten Kampfgeist mit dem ersehnten Anschluss-Touchdown zum 27:21 Zwischenergebnis. Dresdens Defense schaffte es zudem, Spielmacher Henderson erneut aufzuhalten und tackelte hart, aber regelgerecht. Die konsequente Spielweise der Monarchs Defender in der Schlussphase zwang bei drei Minuten Restspielzeit Potsdam zum Punten, so dass Dresden relativ viel Zeit erhielt, das Feld im Rot-Weiss Essen Stadion zu überqueren. Ein Pass von Domann auf Ethan Janto sorgte für ein neues First Down, Dresden schaffte es aber nach einem großen Kampf nicht mehr, über das komplette Feld zu marschieren. Die Potsdamer nagelten Dresdens Offense in der Mitte des Spielfeldes zunächst fest. Zwei folgende Passbehinderungen gegen Potsdam katapultierte Dresden zwar noch einmal an die 16 Yard Line der Potsdamer doch drei folgende Passversuche erreichten die Dresdner Receiver nicht. Bei noch 35 Sekunden Restspielzeit nahm Potsdam eine clevere Auszeit, um den Spielfluss des Gegner zu hemmen. Dresdens ausgespielter vierter Versuch endete mit einem Passversuch, der aber sein Ziel nicht erreichte. Die Potsdam Royals ließen folgerichtig die Spieluhr auslaufen und gewannen verdient den GFL Bowl 2024 mit 27:21.
Das Wort verdient, soll dabei nicht die Leistung der Monarchs schmälern. Potsdam erreichte in der Endabrechnung 342 Yards Raumgewinn, Dresden immerhin noch 296 Yards, besaß aber beim Passspiel sogar einen kleinen Vorsprung. 185 Yards gewann Dresden, Potsdam nur 172 passing Yards. Auch generierten die Monarchs Defender in der Disziplin total Tackles mehr Druck, als ihre Kontrahenten. Dresden setzte 54 total Tackles, Potsdam nur 35. Den Monarchs war es somit als erstes deutsches Footballteam seit über einem Jahr gelungen, sich leistungstechnisch mit den Potsdam Royals auf eine Stufe zu stellen und ihnen vor allem ab Mitte des dritten Viertels einen offenen Schlagabtausch zu liefern. Somit ergab auch die finale Aussage des AFVD Präsidenten Fuad Merdanovic ein gewisse Sinnhaftigkeit: "Wir hatten heute ein sehr spannendes und unterhaltsames Finale und ich danke beide Teams für diese herausragende Leistung. Die Sponsoren und mitwirkenden Vereine haben für eine tolle Power Party und die Fans haben für eine tolle Stimmung gesorgt. Das war heute Werbung für den gesamten American Football in Deutschland."
Schlüter - 15.10.2024
Ülar Tiitma, Alan Steinohrt und Joshua Wünsch feiern ihre Meisterschaft. (© Miladinovic)
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