Die Miami Hurricanes kamen am Freitag mit dem Schrecken davon. Gegen Virginia Tech riss der Siebte der aktuellen AP Top 25 ein Spiel, in dem er dreimal mit zehn Punkten in Rückstand lag, mit zwei Touchdowns im vierten Viertel noch herum und gewann mit 38:34. Es war kein unverdienter, zugleich aber auch ein glücklicher Sieg, weil der erst nach minutenlanger Überprüfung der letzten Szene des Spiels, inklusive Revidierens der ursprünglichen Entscheidung der Schiedsrichter, feststand. Miami hätte sich aber auch nicht beklagen dürfen, wenn die Schiedsrichter bei ihrer Entscheidung - Touchdown Virginia Tech - geblieben wären, was einen 40:38-Sieg der Hokies zur Folge gehabt hätte. Die Mannschaft zeigte ihre größere Qualität gegenüber dem Gegner zwar immer wieder mal und am Ende oft genug, spielte insgesamt aber, wie es Head Coach Mario Cristobal unmittelbar nach Spielende ausdrückte, über weite Strecken zu schlampig. Die Gäste wiederum hätten sich das ganz große Drama am Ende ersparen können, wenn sich ihre Coaches in einer Schlüsselszene des Spiels anders entschieden hätten.
Zu dem dramatischen Ende war es gekommen, als sich Virginia Tech im Anschluss an Miamis Touchdown zum 38:34 (1-Yard-Pass von QB Cameron Ward auf WR Josh Horton) in den verbliebenen knapp zwei Minuten in neun Spielzügen bis an Miamis 30-Yard-Linie vorgearbeitet hatte. Da nur noch drei Sekunden zu spielen waren, blieb den Hokies nur ein so genannter Hail-Mary-Pass in die Endzone. Am hinteren Ende der Endzone sprangen vier Spieler der Hurricanes und zwei der Hokies hoch, um den Ball zu fangen beziehungsweise abzuwehren. Als die Spielertraube zu Boden gefallen war, hatte Miamis Tyler Rowe den Ball in den Händen. Riesenjubel bei den Hurricanes. Die Schiedsrichter entschieden aber auf Touchdown für Virginia Tech, weil WR Da'Quan Felton den Ball vermeintlich gefangen hatte. Jetzt Riesenjubel bei den Hokies. Die Szene wurde minutenlang überprüft, dann revidierten die Schiedsrichter ihre Entscheidung auf unvollständigen Pass. Die meisten Einstellungen in den TV-Bildern sprachen tatsächlich dafür, dass Felton den Ball nie richtig unter Kontrolle hatte und damit, wie es in der Regelsprache heißt, den Fang nicht vollständig beendet hatte. Allerdings gab es einen kleinen Augenlick, in dem man den Ball nicht sehen konnte, so dass ihn Felton in dem Moment tatsächlich unter Kontrolle gehabt haben könnte. Da das Regelwerk verlangt, dass für ein Revidieren der ursprünglichen Entscheidung ein unanfechtbarer visueller Beleg vorliegen muss, hätte man also eher bei der ursprünglichen Entscheidung bleiben können oder gar müssen - auch wenn die Entscheidung auf unvollständigen Pass in der Sache wohl richtig war.
Unglücklich war auch, dass die Schiedsrichter unmittelbar nur die Entscheidung auf unvollständigen Pass verkündeten und die Erklärung für ihre Entscheidung erst später nachschoben. Derzufolge habe man so entschieden, weil der Ball zuerst von einem Hurricanes-Spieler berührt worden sei, der bereits im Aus war. In dem Fall wäre der Spielzug in diesem Moment beendet gewesen, alles, was danach passierte nicht mehr relevant. Nur: Das gaben die TV-Bilder gar nicht her. Der einzige Hurricanes-Spieler, auf den das zutraf, war CB Mishael Powell, der vor dem Sprung mit der rechten Fußspitze knapp im Aus war. Der berührte den Ball aber gar nicht. Der erste Spieler, der den Ball berührte, war Felton, der erste Hurricanes-Spieler anschließend Rowe und Beide landeten mit ihren Hinterteilen in der Endzone, nicht außerhalb. Auf jeden Fall für Virginia Tech ein maximal unglückliches Ende.
Geprägt war das Spiel von Ballverlusten und Big Plays auf beiden Seiten. Virginia Tech erzielte den Touchdown zum 7:0 drei Spielzüge nach einem Fumble von Ward an der eigenen 31-Yard-Linie und den zum 14:14 mit einem 55-Yard-Lauf von RB Bhayshul Tuten drei Spielzüge nach einer Interception an der eigenen 3-Yard-Linie mit 33-Yard-Return, Miami das 14:7 mit einem 43-Yard-Pass von Ward auf TE Elijah Arroyo drei Spielzüge nach einer Interception in der Feldmitte. Dazu kamen drei Field Goals der beiden Kicker von mehr als 50 Yards Länge. Ein weiteres Big Play, ein 77-Yard-Interception-Return bis an Miamis 17-Yard-Linie, führte dann im dritten Viertel, beim Spielstand von 27:17 für Virginia Tech, zur zweiten oben erwähnten Schlüsselszene. Nach zwei erfolglosen Pässen und einem 7-Yard-Lauf von Tuten stellte sich Virginia Tech zum Field-Goal-Versuch auf, schoss aber nicht und versuchte mit einem kurzen Zuspiel des Holders Peter Moore auf den hinter der Linie von rechts nach links laufenden Harrison Saint Germain einen Touchdown zu erzielen. Miami vereitelte das. Das hatte Folgen mit Blick auf das Ende, weil den Hokies im Falle eines erfolgreichen kurzen Field Goals ein weiteres Field Goal zum Sieg gereicht hätte. Aber auch unmittelbar war die Entscheidung taktisch unklug, weil Miami bei einem Spielstand von dann 30:17 zwei Touchdowns zum Sieg gebraucht hätte statt eines Touchdowns und eines Field Goals zum Ausgleich. Gut, Miami hat letztlich ohnehin zwei Touchdowns erzielt, aber das konnte man zu dem Zeitpunkt ja noch nicht wissen.
Hoch - 28.09.2024
Head Coach Mario Cristobal schrammte mit seinen Miami Hurricanes gegen Virginia Tech haarscharf an einer Niederlage vorbei. (© Getty Images)
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