Die Hallen-Saison in den USA steuert ihrem Ende entgegen. Von den wenigen national bedeutenden Arena-Football-Ligen spielt nur noch die Indoor Football League (IFL) im August ihre Conference Championship Games und das Ligafinale. Mit den Arizona Rattlers ist da noch eines der profiliertesten Hallen-Teams im Rennen. In der National Arena League (NAL) ist der Meister mit Omaha Beef bereits gekrönt, auch in der wieder neu gegründeten Arena Football League (AFL) nach chaotischer Saison mit den Billings Outlaws.
Dass in den USA Football im Freien vor allem im Herbst und Winter, das kleine "Stiefkind" in der Halle dagegen im Frühjahr und Sommer gespielt wird, hängt zum einen damit zusammen, dass es im Süden der USA ja dank Klimatisierung ohnehin in Hallen angenehmer ist als im Sonnenschein im Stadion draußen. Und natürlich damit, dass gegenüber NFL und College Football die Bedeutung und das Publikumsinteresse deutlich geringer sind, die Spiele und die Ligen im Herbst völlig untergehen würden.
Ihren Platz in der US-Sportlandschaft suchen die Hallen-Teams also auf andere Art. Für Zuschauer verspricht man punktreiche, rasante Spiele, die für Gelegenheitsfans unterhaltsamer sein können. Das kleinere Spielfeld und die geänderten Regeln führen zu häufigeren Punkterfolgen und einem anderen Spielstil als beim traditionellen Football. Spielern und Trainern bietet man sich als Entwicklungsplattform an. Viele Athleten, die Arena Football spielen, hoffen auf den Sprung in die NFL oder die Canadian Football League (CFL). Das kleinere Feld und die nur acht statt elf Mann pro Team darauf verhindern nicht, dass die meisten Abläufe taktisch und physisch gleich sind.
Wesentlich ist für Arena-Football-Clubs der regionale Aspekt: NFL-Teams kann es nur in den größten Ballungsräumen geben, abgesehen davon, dass von neu zu vergebenden NFL-Lizenzen derzeit keine Rede ist. Arena-Football-Teams sind oft in Klein- und Mittelstädten angesiedelt, haben dort eine starke lokale Anhängerschaft. Mit dem Argument, erschwingliche und familienfreundliche Unterhaltung zu bieten, den Lokalpatriotismus zu fördern und für eine bessere Auslastung von bestehenden Hallen über das ganze Jahr zu sorgen, sucht und findet man häufig Unterstützung der lokalen Wirtschaft und der Behörden vor Ort.
Schwieriger als die Einbindung in das Geschehen in der Heimatstadt gestaltet sich für die Clubs dann allerdings die Einbindung in eine Liga. Eine solche braucht es schließlich auch, um sportlichen Wettbewerb als Produkt an den Fan zu bringen. Welcher der Ligen sich die Clubs anschließen, welche neu gegründet oder wieder aufgelöst werden, ist von Saison zu Saison im Fluss.
Die ursprüngliche Arena Football League war die bekannteste und am längsten bestehende Hallen-Liga. 1987 gegründet hatte sie eine ganze Zeit lang erheblichen Einfluss auf die Popularisierung des Arena Footballs, eine gewisse Medienpräsenz und auch eine eigenständige Fan-Kultur. Zwischenzeitlich gab es da sogar mal eine zweite Liga als Unterbau. Mehrfach kam es allerdings zu Insolvenzen, 2019 folgte die Einstellung des Spielbetriebs.
Dieses Jahr startete unter dem alten Namen ein neuer Versuch. Und dies gleich mit dem Anspruch, tatsächlich die gesamte USA abzudecken. Die alte AFL war in ihren letzten Jahren bis 2019 auf vier bis fünf Teams hauptsächlich im Nordosten zusammengeschrumpft, die als letzte noch finanzierbar waren, aber zumindest ein ordentliches Saisonformat spielten. Nun sollten "große Namen" wie die Orlando Predators aus Florida mit Teams aus Albany im Staat New York, solchen aus den Bundesstaaten Washington, Oregon oder Montana im Nordwesten und dazu Texanern, Nashville und einem Trio in Kansas die Liga bilden.
So sehr die lokalen Bedingungen an manchen Orten gestimmt haben mögen, in den USA transportieren Low Cost Airlines größere Reisegruppen mit einigem Gepäck eben auch nicht wirklich billig. Der Spielplan wurde quasi von Woche zu Woche modifiziert, Teams gaben auf, wurden neu hinzugenommen, der Playoff-Modus wurde irgendwie zurechtgebogen. Immerhin: Es gab am Ende mit den Billings Outlaws aus Montana einen Liga-Champion.
Stabiler waren in den letzten Jahren die Indoor Football League (IFL) und die National Arena League (NAL). Die IFL wurde 2008 ursprünglich in Kooperation mit der damaligen Feld-Frühjahrs-Liga XFL gegründet, spielte 2009 ihre erste Saison und 2024 in zwei Achter-Divisionen stabil und verlässlich. Zwei Cluster an Teams im Mittleren Westen und im Südwesten der USA sind die Basis, Teams aus Massachusetts und Jacksonville sind solide genug, um auch die langen Reisen zu schultern. Die Massachusetts Pirates schafften es in die Vorschlussrunde. Die Jacksonville Sharks waren vor der Saison aus der NAL in die IFL gewechselt und zuletzt dort Meister gewesen. Das Team hat eine große Fangemeinde und ist seit Jahren eines der US-weit finanziell stabilsten in der Halle.
Für die 2016 gegründete NAL war ihr Wechsel ein Verlust, zumal auch die San Antonio Gunslingers zur IFL mitgingen. Übrig blieben vorerst sechs Teams aus "Fly-Over States" im mittleren Streifen der USA. Dort bedient die NAL eine Nische, konzentriert sich auf gesellschaftliches Engagement in Gegenden, die im allgemeinen als ein wenig "abgehängt" gelten. Omaha Beef aus Nebraska feierte 2024 den Titelgewinn.
Vage bleiben die Schätzungen zur wirtschaftlichen Dimension des Arena Footballs in den USA. Bei der AFL 2024 konnte man den Eindruck gewinnen, dass weder Liga-Management noch einige Club-Eigentümer selbst den vollständigen Überblick über die Finanzen hatten. Die anderen Ligen oder die Teams veröffentlichen interne Daten natürlich nicht, in den Spielstatistiken werden selbst Zuschauerzahlen selten genannt. Falls doch, scheinen sie oft grob geschätzt oder - in die eine oder andere Richtung - einem gewünschten Zweck angepasst. Wie üblich in den USA, sind auch diese Clubs keine Vereine, sondern Steckenpferd eines oder mehrerer "Owner". Anders als in der NFL sind es hier wohl kaum Milliardäre. Aber Menschen, die sich ein Hobby einige 10.000 Dollar im Jahr kosten lassen, gibt es selbstverständlich auch genügend in den USA.
Die vorhandene oder angestrebte Vernetzung mit der lokalen Wirtschaft tut ihr Übriges, zumindest Playoff- oder Spitzenspiele finden auch Interesse bei TV-Sendern, der Rest lässt sich über Livestreams vermarkten. Ob und in welche Richtung dabei Geld fließt (nur die wenigsten Sport-TV-"Rechte" sind mehr wert als die Produktionskosten einer Live-Übertragung), bleibt offen. Als es der damaligen AFL auf ihrem Zenit relativ blendend ging, soll ihr gesamter Jahresumsatz an der Marke von 100 Millionen US-Dollar gekratzt haben, was schon damals weniger als ein Prozent des NFL-Umsatzes gewesen ist.
Heute dürften IFL, NAL und die neue AFL froh sein, wenn sie insgesamt auf die Hälfte kommen würden. Der durchschnittliche Jahresumsatz eines einzelnen Teams könnte etwas oberhalb der Millionengrenze liegen. Dementsprechend sind auch die Saläre für die Aktiven in den Arena-Ligen absolut nicht mit den Gagen der NFL-Profis zu vergleichen. Gezahlt wird meistens pro Einsatz, da kommen die Reservisten im 20- bis 25-köpfigen Kader vielleicht auf 200 oder 300 Dollar pro Spiel, die Spitzenspieler auf etwa 1.000. Erfolgs-Prämien mögen dies im günstigen Einzelfall auch mal auf einen Saisonverdienst von etwas über 20.000 US-Dollar hieven, ein Fulltime-Job, mit dem der Lebensunterhalt locker komplett bestritten werden kann, wird daraus aber nicht.
Auch die Assistenztrainer werden sich wohl zumindest außerhalb der Saison anderswo etwas dazu verdienen müssen. Anders als den Spielern eröffnet sich ihnen allerdings lokal sicherlich die Gelegenheit, im Metier zu bleiben. Arena-Football-Standorte mögen zwar als NFL-Orte ungeeignet sein, sind jedoch oft Football-Nachwuchs-Hochburgen mit entsprechend vielen High-School- oder (unterklassigen) College-Teams. Ähnliches dürfte für das Gros der Head Coaches gelten. Nur einige wenige dürften sich mit ihren gesamten Jahresbezügen der 100.000-Dollar-Marke nähern.
Bei kontinuierlich geführten und über Jahre erfolgreichen Teams sieht es sicherlich am besten aus. Beziehungsweise ist da vielleicht gleich Ursache und Wirkung vertauscht: Bei den Arizona Rattlers etwa ist Kevin Guy seit 16 Jahren Head Coach, war zugleich aber schon ab 2009 in Personalunion General Manager, ehe er 2020 zum Team-Präsidenten befördert wurde. So führt er den ältesten bestehenden Arena-Football-Club in allen Belangen, bisher ziemlich erfolgreich. 2017 verließ er mit den Rattlers rechtzeitig die taumelnde alte AFL, mit der wenig später der damals noch ähnlich profilierte Konkurrent Tampa Bay Storm (der 1993 sogar bei einem internationalen AFL-Spiel in Frankfurt gastiert hatte) unterging.
In der IFL war Guy persönlich bei deren Expansion engagiert und somit auch eine der treibenden Kräfte für ihre heutige Vormachtstellung. Da blieb dann schon etwas "Kleingeld" hängen, das er inzwischen teilweise in Anteile der Birmingham Bulls, ein Eishockey-Profi-Team einer Minor League in seiner Heimatstadt in Alabama, investiert hat. Arena Football ist eben nicht alles...
Auerbach - 31.07.2024
Kim Kuci coachte 2024 in der AFL bei den Nashvills Kats (© KK/Allen Clark)
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