Kann Finnland wieder ein Wunder schaffen?

Petrus Penkki (hier im Dress der Berlin Adler) gilt als einer der besten europäischen Quarterbacks aller Zeiten. Finnland ist eigentlich eine europäische Supermacht im American Football mit 13 Meisterschaftsmedaillen und fünf Meisterschaften. Allerdings ist der letzte Titel 23 Jahre her. Am kommenden Samstag wird erstmals eine neue Spielergeneration um den EM-Titel kämpfen, wenn es im Finale gegen Österreich geht. Mit dem Heimvorteil der NV Arena von St. Pölten im Rücken gelten die Gastgeber als klarer Favorit, doch in Finnland erinnert man sich gerne an das Jahr 2000 zurück, als der letzte große Coup mit einer ähnlichen Ausgangslage gelang.

Finnlands fünfte (und letzte) Herren-Europameisterschaft wurde am 20. August 2000 gewonnen. Die Heimmannschaft Deutschland, die als klarer Favorit in das Spiel ging, unterlag in einem wahren Achterbahnspiel, in dem die Gastgeber zur Halbzeit mit 23:10 führten und zu Beginn des dritten Quarters sogar mit 29:10 in Führung gingen. Doch dann fing Miikka Riionheimo einen TD-Versuch in der eigenen Endzone ab und trug den Ball mit einer großartigen Leistung über das ganze Feld zum Touchdown. Finnland gewann das Spiel schließlich mit 29:30.

Der damalige Quarterback Petrus Penkki (spielte 2003 in der GFL für die Berlin Adler), der den entscheidenden Touchdown im Match erlief, erinnert sich an die Phasen des Spiels vor Jahrzehnten wie gestern:

"Ich erinnere mich, wie schnell wir mit 0:14 zurücklagen, als Jörg Heckenbach zweimal scorte. Dann warf ich auch noch eine Interception, die Deutschland zum Touchdown ummünzte. So stand es 0:20 nach dem ersten Quarter. Unsere Gedanken an der Seitenlinie waren hauptsächlich: Wir sind nicht so schlecht, wir müssen in das Spiel kommen. Wir haben vor allem aus Stolz angefangen zu kämpfen und wollten usn nicht abschlachten lassen.

Im zweiten Viertel kamen wir auf beiden Seiten des Balles etwas besser ins Spiel und verkürzten bis zur Halbzeit auf 23:10. Deutschland startete stark in die zweite Halbzeit und scorte gleich zu Beginn. Deutschland war kurz davor, den Sargnagel einzuschlagen, als CB Miikka Riionheimo einen Pass in unserer eigenen Endzone abfing. Wir hatten im Angriff etwas verändert, dadurch konnten wir den Ball mit kurzen und mittleren Würfen gut bewegen. Einen starkken Lauf vollendete dann RB Marko Vartiainen, indem er zwei deutsche Tackles brach und den Rückstand auf 29:24 verkürzte.

Als wir im letzten Quarter den Ball im Angriff zurückbekamen, folgte der beste Drive des Spiels, bei dem wir durch eine Mischung aus Pass und Lauf vorankamen. In der Goal Line wurde ein Bootleg-Wurf gecalled, bei dem die deutsche Abwehr genügend Raum ließ, dass ich zum 30:29-Sieg in die Endzone laufen konnte. Generell kann man über das Spiel sagen, dass es eine ziemliche Achterbahnfahrt der Gefühle war. Das Gefühl nach dem Spiel war wirklich euphorisch. Ich erinnere mich besonders daran, wie ich von der Pressekonferenz nach dem Spiel zu unseren Umkleidekabinen ging und welche echte Freude schon 50 Meter von der Kabine entfernt zu spüren und zu hören war."

23 Jahre später ist nur noch einer der Helden von damals im finnischen Team aktiv. Kalle Karppinen spielte 2000 im Backfield. Heute ist er als Defensive Coordinator der finnischen Nationalmannschaft aktiv. Er erinnert sich: "Es ist eines der besten Spiele, an die ich mich in meiner gesamten Karriere erinnern kann. Diese Europameisterschaft war genau eines dieser Spiele, bei denen man als klarer Außenseiter ins Spiel geht und nach einem guten Teamspirit und Kampf als überraschender Sieger hervorgeht. Am Samstag ist die Ausgangslage ähnlich. Wir gelten als klarer Underdog."

Wittig - 24.10.2023

Petrus Penkki (hier im Dress der Berlin Adler) gilt als einer der besten europäischen Quarterbacks aller Zeiten.

Petrus Penkki (hier im Dress der Berlin Adler) gilt als einer der besten europäischen Quarterbacks aller Zeiten. (© Weber)

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