Ungewöhnliche Wahl der Waffen

Einen Touchdown waren die Chicago Bears von einer möglichen Überraschung entfernt. In den Schlussminuten schien es, als könnten die Gastgeber, getragen von ihren Fans, das Spiel noch drehen, doch die Passverteidigung der Titans hielt dem letzten Ansturm stand. Die Tennessee Titans gewannen mit 21:14 und stellten mit ihrem zwölften Sieg in Folge zugleich einen neuen Team-Rekord auf (die Siege aus der letzten Saison mitgerechnet).

Zunächst jedoch lief alles für die Bears. 75 Yards umfasste ihre erste Angriffsserie, die sie mit einem Touchdown-Pass von Ersatzmann Rex Grossman zur 7:0-Führung abschlossen. Als es den Titans zudem gegen Ende des ersten Viertels nicht gelang, den Ball aus kurzer Distanz zum Ausgleich in die Endzone der Bears zu tragen, sie den Ball sogar verloren, da hatten die Bears einen ersten Achtungserfolg errungen. Die magere Ausbeute des Titans-Laufangriffs im ersten Viertel: ein Yard bei sechs Läufen.

Die Titans glichen zwar im zweiten Viertel durch einen Touchdown-Pass von Quarterback Kerry Collins aus, doch ernüchternder noch als der 7:7-Halbzeitstand – aus Sicht der Gäste – war die Tatsache, dass der drittbeste Laufangriff der Liga von Chicagos Abwehr völlig abgemeldet wurde. Rookie-RB Chris Johnson und RB LenDale White, die durchschnittlich 149 Yards pro Spiel erlaufen, blieben mit 13 Läufen und einem Raumverlust von fünf Yards weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Titans ihren neunten Sieg in Folge nur mit Hilfe ihres Passspiels einfahren würden.

Titans-Quarterback Kerry Collins hatte, wie schon gegen die Colts, die passende Antwort parat. In der gesamten Saison waren ihm nur drei Touchdown-Pässe gelungen, gegen die Bears warf er zwei. Ausserdem blieb er nur knapp unter der 300-Yard-Marke und hielt sein Team, des Laufangriffs beraubt, im Spiel. Mit drei Touchdowns in Folge drehten die Titans zunächst das Spiel und machten aus einem 0:7-Rückstand eine 21:7-Führung.

Die Bears hingegen verschliefen es, ihren Vorsprung auszubauen. Die Defense hatte ihren Teil beigetragen. Die Bilanz der Offense indes war nach der ersten erfolgreichen Angriffsserie erschreckend schwach: In den anschliessenden elf Angriffsserien hatten die Bears achtmal punten müssen, ein Field-Goal-Versuch war geblockt und ein Pass von Rex Grossman abgefangen worden. Auf gerade einmal 20 Yards Raumgewinn hatte es Grossman, als Ersatz für den am Knöchel verletzten Kyle Orton ins Spiel gegangen, im zweiten und dritten Viertel gebracht.

Doch sechs Minuten vor Spielende schien noch einmal ein Ruck durch den Bears-Angriff zu gehen. Grossman bediente zunächst Devin Hester mit einem langen Pass über fast 30 Yards. Wenig später warf er einen kurzen Pass auf TE Greg Olsen und schloss letztlich mit einem kurzen Lauf selbst ab. Im Anschluss stoppte die Bears-Defense erneut die Angriffsbemühungen der Gäste, und spätestens als Grossman abermals mit einem Pass auf Olsen über neun Yards erfolgreich war, witterten die heimischen Fans Morgenluft.

Der Ball befand sich an der 32-Yard-Linie der Titans, drei Minuten waren noch zu spielen und die Bears verfügten über zwei Auszeiten. Ein kurzer Lauf von Rookie-RB Matt Forte brachte nichts ein. Grossmans nächster Pass, für Mary Booker bestimmt, wurde von CB Eric King mustergültig vereitelt, und CB Cortland Finnegan war es schliesslich vorbehalten, das Aufbäumen der Bears zu beenden, als er Grossmans letzten Pass auf WR Devin Hester abwehrte. Die Titans kamen erneut in Ballbesitz.

Wie die Titans das Spiel letztlich über die Zeit brachten, war symptomatisch für den Spielverlauf. Zwei kurze Läufe hatten keinen Raumgewinn gebracht, sodass Collins im dritten Versuch eine Ballübergabe antäuschte und mit einem Pass auf TE Bo Scaife ein neues First Down erzielte. Die Bears hatten keine Auszeiten mehr. Die Titans liessen die Zeit auslaufen.

Ladwig - 10.11.2008

War im entscheidenden Moment zur Stelle: Eric King (© Getty Images)