Aufstand der Abgeschriebenen

Tom Herman kommt mit seinen Texas Longhorns nach schwachem Saisonstart immer besser in Fahrt.Der erste Spieltag im Oktober brachte das erste größere Favoritensterben. Drei Teams aus den ersten Zehn der AP Top 25, zwei von ihnen zuvor ungeschlagen, verloren gegen weiter hinten oder gar nicht platzierte Teams. Dazu kamen vier weitere Niederlagen von Top-25-Teams gegen nicht platzierte Teams. All das hat mit Blick auf mögliche Playoff-Szenarien zwar nicht die ganz großen Auswirkungen, weil die vier Top-Favoriten auf das Erreichen der KO-Runde - Alabama, Georgia, Clemson und Ohio State - an diesem Wochenende gegen Mannschaften spielten, die ihnen zu deutlich unterlegen waren, aber hinter den Top-Vier verschiebt sich durch die Ergebnisse vom Samstag doch einiges. Und die Ergebnisse zeigen, dass selbst die Spitzenteams Woche für Woche auf der Hut sein müssen.

Ein interessanter Aspekt an den Überraschungen vom Samstag ist, dass die beiden größten ausgerechnet zwei Teams gelungen sind, die seit Jahren vergeblich versuchen, wieder Anschluss an die Spitze zu finden, und denen man nach mäßigen bis schwachen Leistungen in den ersten zwei bis drei Spielen prognostiziert hatte, dass ihnen das wohl auch in diesem Jahr wieder nicht gelingen wird. Texas, das mit einer Niederlage gegen Maryland und einem mühevollen Sieg gegen Tulsa in die Saison gestartet war, schlug in Dallas das zuvor ungeschlagene Oklahoma mit 48:45, und Florida, das bei der Heimniederlage gegen Kentucky am zweiten Spieltag noch so schwach ausgesehen hatte, dass schon das Erreichen einer ausglichenen Abschlussbilanz schwierig zu werden schien, holte mit dem 27:19 gegen das zuvor ebenfalls noch unbesiegte LSU den zweiten Sieg gegen ein Top-25-Team in Folge.

Gewiss, selbst Playoff-Kandidaten sind die Beiden trotz der letzten Erfolge noch nicht und die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Rest ihrer Spiele gewinnen, ist angesichts der Restprogramme nicht groß. Und so bleibt man denn auch auf dem Teppich. "Wir freuen uns heute riesig. Dieser Sieg bedeuted unseren Seniors und der Universität sehr viel. Aber von der Bilanz her betrachtet, zählt er auch nicht mehr als ein Sieg in Manhattan (Kansas), und das wissen wir auch. Wir haben aber langfristige Ziele und um diese zu erreichen, mussten wir diesen nächsten Schritt machen, und ich bin glücklich darüber, dass uns das gelungen ist", sagte Tom Herman, der Head Coach von Texas dazu. Sein Team hat jetzt zumindest realistische Chancen im Kampf um die beiden Plätze im Championship Game der eigenen Conference (Big Twelve), und für Florida gilt in der East Division der SEC das Gleiche. Das Traditionsderby der Gators gegen Georgia am 27. Oktober bekommt so plötzlich wieder die alte Brisanz, und nicht auszudenken, was sich mit Blick auf die Playoffambitionen verändern würde, wenn Georgia zuvor am nächsten Samstag bei LSU verlieren würde.

Weitere Ergebnisse und Folgen dieses Spieltages:

Notre Dame ist nach dem eigenen 45:23-Sieg bei Virginia Tech und den Niederlagen von Oklahoma und LSU der erste Verfolger des Spitzen-Quartets. Zugegeben, das Spiel in Blacksburg hinterließ ein zwiespältiges Gefühl, weil die Fighting Irish nach dominantem Start im zweiten Viertel den Faden verloren, ihren weniger talentierten Gegner damit wieder aufbauten und erst durch Dexter Williams’ spektakulären 97-Yard-Touchdown wieder auf Erfolgskurs kamen, aber das Niveau des Kaders über alle Mannschaftsteile gesehen ist gut genug für das Erreichen der Playoffs. Realistisch gesehen braucht Notre Dame "nur" den Rest seiner Spiele gewinnen, um dabei zu sein - wenn man einmal davon ausgeht, dass die SEC nicht erneut mit zwei Teams in den Playoffs vertreten sein wird. Es gibt natürlich im Restprogramm Gegner, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen darf (Northwestern, Syracuse, USC), aber die Fighting Irish werden in alle restlichen Partien als klarer Favorit gehen.

Die personelle Entdeckung dieses Spieltages war QB Brock Purdy von Iowa State. Im Spiel bei Oklahoma State, das die Cyclones mit 48:42 gewannen, bekam der College-Neuling, der in den Spielen zuvor nur ein paar Spielzüge absolviert hatte, beim zweiten Ballbesitz seine zuvor so abgesprochene Einsatzzeit - und war dann so sagenhaft gut, dass ihn die Coaches an Stelle von "Starter" Zeb Noland, der selbst zurzeit nur als Ersatz für den verletzten Kyle Kempt die Nummer eins ist, auf dem Feld ließen. Mit seiner Kombination aus präzisen Pässen und tollen Läufen hebelte er die Abwehr der Cowboys immer wieder aus. Seine Bilanz: mit Pässen 78 Prozent Erfolgsquote, 318 Yards und vier Touchdowns, mit Läufen 84 Yards und einen weiteren Touchdown. Oklahoma States Defensive Coordinator Jim Knowles gab später zu, dass man von der mit Purdy als Quarterback völlig veränderten Spielweise von Iowa States Angriff überrascht worden sei und zu lange gebraucht hätte, um sich darauf wenigstens halbwegs einzustellen. Man darf gespannt sein, ob Purdy in den kommenden Spielen auf diesem Niveau weiterspielen kann. Wenn ja, könnte Iowa State sogar noch in den Kampf um die Plätze im Big Twelve Championship Game eingreifen.

Die größten Konkurrenten von Central Florida (am Samstag 48:20-Sieger gegen SMU) als Top-Team der so genannten Group of Five Conferences kommen aus der selben Division der eigenen Conference (East Division der American Athletic Conference). Cincinnati, 6-0 nach dem 37:21 gegen Tulane, und South Florida, 5-0 nach dem 58:42 bei Massachusetts, stiegen nach ihren Siegen am Samstag neu in die Top-25-Ranglisten ein. Die Drei spielen im November noch direkt gegeneinander. Am 10. November spielt Cincinnati zu Hause gegen South Florida und eine Woche später bei Central Florida. Und am 23. November empfängt South Florida in Tampa Central Florida.

Miami gelang zum ersten Mal seit 14 Jahren wieder ein Heimsieg gegen Florida State - und wie es sich für dieses an Kuriositäten reichen Lokalderby gehört auf nicht alltägliche Art. Die Hurricanes lagen nach gut drei Minuten in der zweiten Halbzeit durch einen 74-Yard-Punt-Return zum Touchdown schon fast aussichtslos mit 7:27 zurück und drehten das Spiel dann noch mit Hilfe von Ballverlusten und einem Special-Teams-Fehler der Gäste zum 28:27-Endstand. Den Touchdown zum 14:27 erzielte Miami fünf Spielzüge nach einem Fumble von QB Deondre Francois an der eigenen 20-Yard-Linie beim Quarterback Sack, den Touchdown zum 21:27 im ersten Spielzug nach einer Interception im zweiten Spielzug von Florida States nächstem Angriff, und der nur 50 Sekunden dauernde Angriff zum 28:27 in der dritten Minute des vierten Viertels hatte nach einem vergebenen Field-Goal-Versuch (43 Yards) der Seminoles begonnen. Ähnlich dramatisch war auch der letzte Heimsieg der Hurricanes gewesen. In der Saison 2004 hatten sie die Seminoles erst in der Verlängerung mit 16:10 besiegt.

Hoch - 08.10.2018

Tom Herman kommt mit seinen Texas Longhorns nach schwachem Saisonstart immer besser in Fahrt.

Tom Herman kommt mit seinen Texas Longhorns nach schwachem Saisonstart immer besser in Fahrt. (© Getty Images)

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