Trotz Niederlage ist nichts verloren

Brian Kelly und die Notre Dame Fighting Irish haben trotz der Niederlage bei Florida State noch eine Chance auf den Titel. Das erste Playoff-Spiel in der Geschichte der höchsten Spielebene im College Football ist noch nicht einmal gespielt, aber schon jetzt ist diese Neuerung ein Gewinn. Galt jahrzehntelang, dass schon eine Niederlage das Ende aller Ambitionen auf den Titelgewinn sein konnte, so können, jetzt, da am Ende vier Teams (statt wir bisher zwei) die Chance bekommen werden, um den Titel zu spielen, Niederlagen leichter ausgebügelt werden, bleiben Teams, die früher vorzeitig aus dem Rennen gewesen wären, jetzt weiter mit dabei. Diese Auswirkung auf die Dramaturgie einer Spielzeit konnte man schon in den letzten Wochen beobachten, und auch der Ausgang des Top-Spiels des letzten Spieltages, Florida State gegen Notre Dame, verliert vor diesem Hintergrund an Brisanz. Florida State gewann das Duell von zwei der fünf letzten noch ungeschlagenen Teams gegen Notre Dame mit 31:27, nicht unverdient, aber schon ein bisschen glücklich, weil die Schiedsrichter in den Schluss-Sekunden den Mut zu einer strengen Regelauslegung hatten, die Notre Dame den anderenfalls entscheidenden Touchdown kostete und Head Coach Brian Kelly auch am Tag danach noch wurmte. „Es ist ziemlich klar, was bei dem Spielzug passierte. Florida State hat die Coverage verbockt und wurde dafür auch noch belohnt. Also ist das Ganze recht unglücklich“, monierte er die Entscheidung während einer telefonischen Pressekonferenz am Sonntag. Aber: Bis zur letzten Saison wäre eine solche Niederlage, so knapp und unglücklich sie auch war, für Notre Dame wahrscheinlich schon das Aus im Kampf um die beiden Endspielplätze gewesen, jetzt hat sich im Grunde nicht viel verändert.

Natürlich macht die Niederlage in Tallahassee dem Endspielverlierer von 2012 das Leben etwas schwerer. Es gibt noch drei Teams ohne Niederlage, neben Florida State den aktuellen Ranglisten-Ersten Mississippi State und seinen Lokalrivalen Mississippi, und dahinter aus den vier stärksten Conferences noch mehr als ein Dutzend Teams mit einer Niederlage auf dem Konto. Aber einige dieser Teams spielen in den kommenden Wochen noch gegeneinander, wodurch das Feld der Konkurrenten um die Playoff-Plätze zwangsläufig kleiner wird, und wenn das Playoff Selection Committee am Ende der Regular Season aus einer größeren Zahl von Teams mit einer Niederlage die auswählen muss, die in die Playoffs kommen, dann könnte sich die Niederlage sogar noch positiv auswirken. Die einzige Niederlage gegen den Titelverteidiger erlitten zu haben, vor allem, wenn der bis zum Ende ungeschlagen bleiben sollte, und das auswärts und nur knapp, das wiegt weniger schwer als etwa Georgias Niederlage bei South Carolina, Oregons Heimpleite gegen Arizona oder auch Baylors unerwartete Niederlage bei West Virginia - um nur mal ein paar der möglichen Konkurrenten um die Playoff-Teilnahme zu nennen. Und wenn man sich den bisherigen Verlauf dieser Saison so anschaut, dann ist der Gedanke gar nicht mal so abwegig, dass es am Ende sogar weniger als vier Teams mit maximal einer Niederlage geben könnte. Für Notre Dame heißt das: Tunnelblick, ganz darauf konzentrieren, die letzten fünf Spiele zu gewinnen, möglichst überzeugend, und hoffen, dass sich die besten Teams aus SEC, Pac-12, Big Twelve und Big Ten gegenseitig aus dem Rennen „kegeln“. Mit solchen Gedankenspielen wollen sich Coaches naturgemäß aber nicht befassen und deshalb war für Brian Kelly auch etwas anderes an diesem Spiel wichtiger: „Ich denke, wenn wir etwas aus diesem Spiel mitnehmen, dann, dass du, wenn du gegen ein solches Team spielst und eigentlich besser bist, den Sack auch zumachen musst. Du darfst nicht zulassen, dass der Ausgang von einer Schiedsrichter-Entscheidung am Ende abhängt. Du musst die Sache selbst entscheiden und das haben wir heute nicht getan“.

Aber noch in einem anderen Punkt war die Niederlage für Notre Dame kein Beinbruch, eher sogar fast noch nützlich: in Bezug auf die Einschätzung der Qualität des Teams. Der Tenor vor der Partie war mehrheitlich, dass Florida State den talentierteren Kader besitzt und sich das auch zeigen werde. Letzteres war dann aber gar nicht so. Es war ein Duell auf Augenhöhe, das Notre Dame auch hätte gewinnen können, gemessen an den Spielanteilen und Chancen vielleicht sogar hätte gewinnen müssen. So etwas bleibt in den Köpfen von Fans und Fachleuten hängen, gewiss auch in denen der 13 Mitglieder des Playoff Selection Committees, wenn die Anfang Dezember diese Niederlage, so es denn Notre Dames einzige bleibt, einordnen müssen. Ob das allerdings daran lag, dass Notre Dame stärker ist als zuvor vermutet, darüber kann streiten. Florida State ist, und das zeigte sich in dieser Partie nicht zum ersten Mal, in dieser Saison nicht mehr so stark wie im letzten Jahr. Das gilt vor allem für den Angriff. Die Offensive Line hat Schwächen vor allem beim Blocken bei Laufspielzügen, ein herausragender Running Back fehlt, und mit Ausnahme von Rashad Greene sind auch die Receiver-Positionen nicht gerade stark besetzt. So lebt das Team in erster Linie von der Leistung der Abwehr und im Angriff von QB Jameis Winston, der bis jetzt auch nicht so überzeugend spielt wie 2013, sich immer den einen oder anderen gröberen Patzer leistet, wenn es eng wird aber immer noch zulegen kann und sein Team damit zum Sieg führt.

Die Erfahrung, dass eine Niederlage heute nicht mehr so schwer wiegt wie früher, hatten in den letzten Wochen schon andere Teams gemacht, deren Playoff-Ambitionen einen Dämpfer erhalten hatten. Ein Beispiel ist Alabama. Nach der Niederlage bei Mississippi zwei Wochen zuvor und dem knappen Sieg bei Arkansas eine Woche später sah der Rekordmeister gar nicht mehr aus wie ein Playoff-Anwärter. Am Samstag aber meldete sich das Team eindrucksvoll zurück, mit einem 59:0-Sieg gegen Texas A & M, ein Team, das nach den ersten fünf Spielen selbst noch zu den Playoff-Kandidaten gehört hatte. Die schon vorbereiteten Abgesänge auf die Saban-Truppe waren offenbar verfrüht, und plötzlich wird das Team wieder als das beste hinter den drei verbliebenen ungeschlagenen Mannschaften gesehen. Ähnlich rasant runter und wieder rauf ging es auch für das beste Team der Pac-12 Conference, Oregon. Nach der Heimniederlage gegen Arizona am 2. Oktober mit einer der schwächsten Angriffsleistungen der letzten Jahre waren die Ducks schon angezählt. Dann kehrte ein Schlüsselspieler in die durch Verletzungen dezimierte Offensive Line zurück, und schon läuft es wieder. Und nach souveränen Siegen bei UCLA und gegen Washington stehen die Ducks wieder unter den ersten Zehn der AP und Coaches Top 25s und können, wenn sie alle restlichen Spiele gewinnen und damit auch Champion der zweitstärksten Conference (Pac-12) würden, aus eigener Kraft unter die besten Vier schon allein deshalb kommen, weil vier der zurzeit noch stärker eingeschätzten und vor ihnen platzierten Teams (Mississippi State und Mississippi sowie Alabama und Auburn) Ende November in ihren Lokalderbys noch direkt gegeneinander spielen.

Hoch - 20.10.2014

Brian Kelly und die Notre Dame Fighting Irish haben trotz der Niederlage bei Florida State noch eine Chance auf den Titel.

Brian Kelly und die Notre Dame Fighting Irish haben trotz der Niederlage bei Florida State noch eine Chance auf den Titel. (© Getty Images)

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